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Rund um die Halbinsel Reykjanes von Keflavík nach Laugarvatn (1. Tag)

Kurzbeschreibung
Straßen: 44 - 425 - 427 - 42 - 34 - 35 - 37
Stationen: Keflavík - Hafnabjarg - Reykjanestá - Grindavik - Blaue Lagune - Festarfjall - Grænavatn - Krísuvík/Seltún - Kleifarvatn - Hliðarvatn - Þorlákshöfn - Eyrarbakki - Selfoss - Laugarvatn
Gesamtkilometer: ca. 204
Straßenzustand: Überwiegend Asphalt; 427 und 42 in weiten Teilen Schotter

 


Das Auto für die nächsten 4739 Kilometer

Erste große Frage bei der Ankunft am Flughafen in Keflavík: Welches Auto werden wir bekommen? Man bucht ja vorab grundsätzlich nur einen Typ, nicht ein spezielles Modell. Wir hatten uns für Typ G entschieden. Prototyp: Nissan Pathfinder. Bei Hertz scheint man aber ein Herz für Toyota zu haben. Nach einer Stunde Schlangestehen und allerlei Formalitäten sind wir temporäre Besitzer eines silberglänzenden Toyota Landcruiser. Kilometerstand 2128 km, also vermutlich einmal zuvor ausgeliehen (daher der Dreck in der Hecktür), aber ansonsten picobello und nagelneu. Achtzehn Tage später werden 6867 Kilometer auf dem Tacho stehen.

Typisch Japaner: Hat alles, was man braucht (bis hin zu Sitzheizung und CD-Wechsler), und kann alles, was er können soll (bis hin zur Untersetzung und zum Hinterachssperrdifferential). Üppig Raum für zwei und ihr dickes Gepäck; wir sind jedenfalls froh, doch nicht den kleinen Suzuki Jimny genommen zu haben ...

Funktional also alles bestens. Eine charaktervolle Schönheit ist unser Überlandkreuzer allerdings nicht, weswegen wir ihm umgehend den Spitznamen Kittelschürzchen verleihen. Wattiefe in der Standardversion 70 cm. Der Wagen scheint aber mit Blick auf seinen späteren Wiederverkauf ein paar Zentimeter höher gelegt. Das lässt hinsichtlich der Furten hoffen. Nur die etwas schmalspurigen Reifen mit ihrem wenig ausgeprägten Profil geben Anlass zur Skepsis; sie erweisen sich aber im weiteren Verlauf rundweg als hochlandtauglich. Ein guter Start in den ersten Island-Tag also.

Einkaufen und warm anziehen

Außentemperatur 8 °C. Stark bewölkt. Stürmischer Wind. Gefühlte Temperatur eher um den Gefrierpunkt. Wir laufen als erstes den Parkplatz eines Supermarkts an, um warme Klamotten und Wollmützen aus den Koffern zu holen. Es ist Sonntagmorgen in Keflavík. Der Ort, in dem seit dem Abzug der Amerikaner auch sonst nicht gerade der Bär tobt, wirkt wie tot.

Der Kasko-Markt hat zu. Aber wir wissen, dass der "10-11"-Supermarkt im Ort rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche geöffnet hat (daher der Slogan Alltaf opið ...). Dort werden also erst mal Vorräte für unterwegs gebunkert, vor allem Mineralwasser. Dann geht es über Njarðvík zur Straße 44 und weiter westlich Richtung Hafnir.

Die Brücke zwischen den Kontinenten

Etwa 10 km südlich von Hafnir kann man eine clevere Marketing-Idee bestaunen: Weil der Riss zwischen der amerikanischen und der eurasischen Kontinentalplatte hier einfach nicht spektakulär genug war, um Touristen anzulocken, hat man eine im Prinzip sinnlose Brücke darüber gespannt, auf der man nun komfortabel spazieren und sich dabei als Wanderer zwischen den Welten fühlen kann: die sog. Brücke zwischen den Kontinenten. Wir lassen uns gerne locken und stiefeln eine Weile im steifen Wind "in the footsteps of the gods", wie es auf einem Plakat heißt, in grauem Sand und bizarren Lavaformationen umher.

Im Sand begegnet uns hier auch erstmals das einblütige oder Strand-Leimkraut (Silene uniflora ROTH bzw. Silene maritima WITH.), das in ganz Island, vor allem aber auf Schotter und Sand im zentralen Hochland anzutreffen ist (isl. holurt, engl. sea campion). Die unmittelbar beobachtbaren Überlebensstrategien von Pflanzen und Moosen in einer an und für sich absolut lebensfeindlichen Umgebung werden uns in den kommenden Tagen und Wochen immer wieder erstaunen. Dabei spielt die Horstbildung, also die Konzentration von Pflanzen auf einem winzigen Humusfleck, eine bedeutsame Rolle.

Salzgewinnung und Geothermalgebiet Skálafell

Die Südwestspitze von Reykjanes (das ja mit Grund so heißt: isl. reykur = Dampf, isl. nes = Landzunge) verheißt erste Kontakte mit einem Geothermiefeld. Aber die Solfatare von Gunnuhver und Rauðhólar sind nicht zugänglich: die Zugangsstraße ist auf allen Seiten weiträumig abgesperrt. Stattdessen glänzen ein Kraftwerk und eine gewaltige Salzgewinnungsanlage im noch immer eher kargen Sonnenlicht.

Vogelfelsen und der Leuchtturm Reykjanesviti

Von der Landspitze aus kann man bei entsprechendem Wetter hinüberschauen auf den Vogelfelsen der Insel Eldey, der seit 1940 unter Naturschutz steht. Dort brütet eine der größten Basstölpelkolonien der Welt (wir haben freilich nicht einen einzigen zu Gesicht bekommen). Außerdem soll dort 1844 der letzte Große Alk erlegt worden sein, womit die Art unwiederbringlich ausgerottet war.

Das Bild zeigt Eldey in der Ferne und mit ein wenig Hahnenfuß untermischte, leuchtende Alaska-Lupinen (Lupinus nootkatensis) im Vordergrund, die überall in Island auf armen Böden zur Bodenverbesserung und zur Verhinderung der Bodenerosion gepflanzt und kultiviert werden.

Kolonien von Dreizehenmöwen brüten auf den Vogelfelsen von Reykjanestá. Ihr Guano überzieht die Felswände mit weißen Sprenkeln.

Vor dem Leuchtturm Reykjanesviti brodeln die Dämpfe von Gulluhver.

Die Blaue Lagune: Absolut kein "Must"

Nördlich von Grindavík liegt die Bláa Lonið, die Blaue Lagune. Sie gilt vielen Island-Touristen als absolutes Muss und als Inbegriff isländischen Wellness-Vergnügens (woran auch die allenthalben im Land käufliche Hautpflegeserie gleichen Namens, ursprünglich einmal für Psoriasis-Kranke entwickelt, ihren Anteil hat). Mehr als 350.000 Besucher gehen dort pro Jahr aus und ein. Auf einer Fläche von vielen tausend Quadratmetern kann man im geothermal erwärmten Wasser plantschen. Allerdings längst nicht mehr in der Original-Lagune, die als Auffangbecken, also quasi als Abfallprodukt, beim Geothermalkraftwerk von 1978 entstanden war, sondern etwa 2 Kilometer entfernt, in einer eigens erbauten, modernen Badelandschaft. Vor spitzen Lavasteinen, brühend heißem Wasser und Schlammflecken auf der Badehose muss sich niemand mehr fürchten. Große Lust zum Baden hatten wir nicht. Man sollte sich dafür Zeit nehmen können, und wir mussten weiter. Wir wollten wenigstens vorbeischauen und einmal sehen, ob sich nicht ein hübsches, blaues Fotomotiv finden lassen würde. Aber schon der Parkplatz war derart mit Bussen vollgepackt, dass wir sofort umdrehten und das Weite suchten.

Das Geothermalkraftwerk in Svartsengi (der schwarzen Wiese), zu dem die Blaue Lagune quasi als Nebenprodukt gehört.

Flach hingebreitet: Grindavík. Wir lassen den Ort und seinen Asentempel links liegen (holen den Besuch aber später bei der Rückreise nach). Das Wetter wird zunehmend besser, der kräftige Wind vertreibt die Wolken.

Von Grindavík aus nehmen wir die Straße 427 nach Osten. Die "Lavabucht" (Hraunsvík) reicht weit azuren ins Land. Wann immer wir stoppen, umkreisen uns aufgeregte Vögel, die uns aus ihren Brutrevieren fernhalten wollen. Ihre Aufregung ist unnötig. Wir verlassen die Straße nicht. Denn wir sind vorgewarnt: An der Straße stehen eigens Verkehrszeichen mit dem Hinweis "Fuglar".
Auf den Felsen: Der kriechende, arktische Thymian (Thymus praecox ssp. arcticus, isl. blóðberg), der in Island recht verbreitet ist.

Der See Grænavatn

Die Krýsuvíkurkirkja heben wir uns für die Rückfahrt auf; eine Busladung Neugieriger drängelt sich um das kleine Kirchlein. Aber gleich danach biegen wir nach Norden auf die Straße 42 Richtung Kleifarvatn ab. Unser erster Stopp ist der See Grænavatn, dessen azurenes Leuchten uns schon am frühen Morgen beim Anflug aus der Luft aufgefallen war.

Im Hintergrund zieht sich die Bergkette der Trölladyngja dahin. Vorne sehen wir erstmals einen Büschel Gras- oder Strandnelken (Armeria maritima, isl. geldingahnappur). Der angezeigte Wanderweg führt zur mächtigen Dampfquelle Austurengjahver.

Das Geothermalgebiet bei Seltún

Unweit vom Grænavatn dampft und brodelt es: Am Südosthang des Palagonitberges mit dem sprechenden Namen Sveifluháls (Palagonit ist eine Art Basaltglas) blubbern Schwefelquellen und Schlammtöpfe. Der Boden ist heiß. Gut, dass es den Plankenweg durch das Areal gibt.

Es stinkt weithin nach Schwefelwasserstoff, vulgo nach faulen Eiern, allerdings mit einem metallischen Beigeruch. Schwefel wurde in der Region bis vor hundert Jahren auch noch abgebaut.

Das Farbenspiel der ausgefällten Minerale reicht vom leuchtenden Ziegelrot über Schwefelgelb bis hin zu einem metallischen Taubenblau.

Siedend heißes Wasser sprudelt und zischt, in den Schlammtöpfen gurgelt und faucht es ungemütlich, Dampfschwaden hüllen uns in Nebel. Totz des nun strahlenden Sonnenscheins das passende Szenario für Macbeth'schen Hexenzauber. Wie mögen sich wohl die Wikinger diese brodelnde Teufelsküche zusammengereimt haben?

Der See Kleifarvatn

Mehr als eine Stunde sind wir durch das dampfende Seltún gelaufen. Höchste Zeit, weiterzukommen. Für den kleinen Abstecher zum Kleifarvatn reicht die Zeit aber durchaus noch.

Der See, durch eine westliche Landzunge (hier beim Blick nach Norden rechts im Bild) grob in eine nördliche (innristapi) und eine südliche Hälfte (syðristapi) unterteilt, war ursprünglich einmal viel größer als heute. Er änderte zwar, so weit man weiß, abhängig von Niederschlägen und Verdampfungsrate schon immer seinen Wasserstand. Bei einem Beben im Jahr 2000 sollen sich nun allerdings Spalten und Risse unter dem See gebildet haben, durch die er nach und nach ausläuft. Der Wasserstand sank innerhalb von wenigen Jahren um mehrere Meter, in der Folge nahm auch die Fläche des Sees um rund ein Drittel ab. Dabei kamen an den Stränden auch etliche heiße Quellen zum Vorschein. Links im Bild: die Straße 42, die am Kleifarvatn entlang und weiter hinauf nach Hafnarfjörður führt.

Weiter nach Osten auf der 42(7)

Vom Kleifarvatn aus nehmen wir die Südroute an der Küste von Reykjanes entlang, die durch die weitläufigen Lavafelder Krýsuvíkurhraun und Herdisarvíkurhraun führt. Je nach Karte trägt sie die Nummer 42 oder 427. Frisch geschottert ist sie in jedem Fall.

An der Lagune Hliðarvatn parken Angler ihr Auto. Die nahe liegende Strandarkirkja, die unter Seeleuten wegen ihres wundertätigen Charakters einen ganz besonderen Ruf besitzen soll, übergehen wir Landratten eher achtlos.

Die Schotterstraßen sind staubtrocken; es soll seit langem nicht mehr geregnet haben. Wie alle anderen Fahrzeuge ziehen auch wir lange Staubschleppen hinter uns her, die ein gnädiger Wind meist zur Seite hin verbläst.

Als wir am Lavafeld Djupadalshraun entlang in nordöstlicher Richtung auf Hveragerði zufahren, kündigen sich allerdings staubärmere Zeiten an: Ein breiter, flacher Regenbogen steht über dem Ingólfsfjall.

Die Dusche dauert nicht lange, verändert aber die Lichtstimmung vorübergehend vollkommen (auf der Straße 34 zwischen Eyrarbakki und Selfoss, Blick zurück nach Südwesten):

Es ist nach mitteleuropäischer Zeit bald halb acht, in Island also kurz vor halb sechs Uhr abends. Wir spüren langsam, dass wir heute doch schon einige Stunden auf den Beinen sind. Wir haben beide nur noch einen Wunsch: Jetzt bloß möglichst schnell ins Hotel in Laugarvatn zu kommen ...

Unterkunft: IKI Edda Hotel Laugarvatn

In Laugarvatn am gleichnamigen See gibt es gleich zwei Edda Hotels, und natürlich versuchen wir es erst am falschen. Dabei hatten wir ausdrücklich das IKI gebucht, weil es näher am See liegt (Zimmer mit Balkon!) und als gemütlicher gilt.

Edda Hotels sind reine Sommerhotels und meistens Internatsschulen, die während der dreimonatigen Sommerferien als Hotels genutzt werden. Das IKI in Laugarvatn war ursprünglich eine Hauswirtschaftsschule; heute ist dort ein Sportinternat untergebracht.

An der Rezeption empfängt uns ein freundlicher junger Mann, ein Musiklehrer, der hier mit einem Sommerferienjob sein Jahressalär aufbessert. Er weist uns Zimmer 34 zu. Die Freude ist groß: Balkon zum See. Das Zimmer ist einfach, aber sehr zweckmäßig eingerichtet, das Bad bietet alles, was man braucht.

Der Einfachheit halber essen wir am Abend im Hotel. R wählt Spargelsuppe und Hühnerbrust auf Nudeln, ich entscheide mich für Lammcarpaccio und "Salted Cod" mit Tomatensauce. Beides sehr lecker.

Danach fallen wir recht ausgelaugt in die Betten. Die Sonne scheint bis spät in die Nacht. Irritierende Erfahrung ...

Blick vom Hotelbalkon über den See Laugarvatn nach Osten. Hekla hält sich vorerst noch bedeckt ...


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