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Zu den Lakagígar (13. Tag)

Routenverlauf
Straßen: 1 - 204 - 1 - F206 - F207 - 1
Stationen: (Vík í Mırdal -) Kirkjubæjarklaustur - Skaftarós (fast;-) - Ytri-Dalbær - Lakagígar - Ytri-Dalbær - Kirkjubæjarklaustur (- Vík í Mırdal)
Gesamtkilometer: ca. 309
Straßenzustand: Ringstraße 1 asphaltiert. Die F206/207 galt früher als "keine der leichtesten Strecken und für Allrad-Pkws nur zeitweise bei guten Bedingungen machbar" (so noch Jens Willhardt und Christine Sadler in der aktualisierten Auflage ihres Island-Führers von 2006). Das können wir so nicht bestätigen. Offenbar ist die Strecke in jüngster Zeit verbessert worden; viele der in unserer Karte verzeichneten Furten existieren nicht mehr. Wir treffen auf den üblichen Hochlandschotter mit einigen meist einfacheren Furten. Ja, es gibt steilere Partien, auch engere Passagen, aber die sollten für kein Allradfahrzeug problematisch sein. Eine einzige mittelschwere Furt (nicht in unserer Karte, wohl aber in der GPS-Karte verzeichnet) gibt es im westlichen Arm des Rundkurses, also auf der F207, bei N 63 59.927 W 18 24.887. Man kann sie umgehen, indem man nur den östlichen Teil befährt, also auf dem gleichen Weg wieder zurück zur Ringstraße fährt. Für PKW ist die Route sicherlich nicht zu empfehlen, aber für Allradfahrzeuge - zumindest unter den von uns vorgefundenen Bedingungen - vollkommen problemlos zu bewältigen.

 


Entscheidungsnöte

Heute morgen ist es, wie erwartet, stark bewölkt. Immerhin fällt noch kein Regen. Aber für einen Ausflug zum Jökulsárlón ist es uns zu wenig licht. Den heben wir uns lieber für einen späteren Tag auf, wenn einmal wieder die Sonne herauskommt. Mit J und A sind wir erst morgen verabredet. Andererseits würde mich interessieren, ob sie gut in Island angekommen sind. Also rufe ich sie an. Ja, sie sind hier. Und sie machen sich gerade reisefertig. Später wollen sie zu den Lakagígar fahren. Ob wir das nicht zusammen machen wollen. Ja, warum denn nicht. Die Laki-Spalte wollten wir sowieso besuchen. Also verabreden wir uns in Kirkjubæjarklaustur. Wer zuerst da ist, wartet eben. Erst nach und nach wird mir klar, dass die beiden irgendwo bei Höfn übernachtet haben und erst noch Jökulsárlón und Svartifoss besuchen wollen. Dass es also noch viele Stunden dauern wird, bis sie am Treffpunkt ankommen.

Abwarten in Kirkjubæjarklaustur

Wir lassen uns also Zeit, brechen gegen 11 Uhr auf und erkunden erst einmal die Lage in Kirkjubæjarklaustur. Für die gut 70 Kilometer dorthin, durch den Mırdals-Sander und das grün übermooste Lavafeld Eldhraun ('Feuerlava', dazu mehr hier), brauchen wir eine knappe Stunde.

Das winzige Örtchen (140 Einwohner!) rankt sich, wie so viele hier, um eine Tankstelle, in der wir erst einmal ein Tässchen Kaffee zu uns nehmen. Wegen der Tankstelle und einem Supermarkt hat Kirkjubæjarklaustur eine wichtige Versorgungsfunktion für die umliegende Gegend. Und es ist gewissermaßen eine Drehscheibe für Touren zu den Sehenswürdigkeiten an der Südostküste und im südöstlichen Hochland. Es gilt als Gründung irischer Mönche aus der Landnahmezeit. Damals hieß es noch Kirkjubær ('Kirchhof'). Das Kloster (-klaustur) stieß erst 1186 zum Namen hinzu, als Benediktinernonnen gleich neben der Kirche ein Kloster gründeten.

Verlegenheitsexkursion: Wir versuchen, den Leuchtturm Skaftarós zu erreichen

Wir haben noch viel Zeit. Die wollen wir nutzen, um einen kleinen Ausflug hinunter ans Meer zu machen. Laut Karte führt eine kleine Straße bis hinaus zum Leuchtturm am Skaftarós. Mal sehen, wie weit wir kommen.

Also ein kurzes Stück zurück auf der Ringstraße und dann, gleich nach der Brücke über die Skaftá, links auf die 204 abbiegen. Landbrot heißt der landwirtschaftlich nutzbare Flecken Landes am Westufer der Skaftá (was mit Brot, isl. brauð, leider gar nichts zu tun hat). Wir finden auch nach etwa 20 Kilometern, gleich nach dem Gehöft Fljótakrókur, die Abzweigung nach Osten. Aber wir kommen nicht weit. Die Piste endet an einem Gatter, das sich zweifellos öffnen ließe, aber was sich dahinter als Piste darstellt, ermuntert uns gar nicht erst, es zu versuchen. Also kehren wir um, telefonieren noch einmal mit J und verabreden uns direkt für den Abzweig der F206 hinauf zu den Lakagígar.

Weiter warten bei Ytri-Dalbær

Zu dem Abzweig der F206 bei Ytri-Dalbær sind es von Kirkjubæjarklaustur aus nur ein paar Kilometer. Wir haben immer noch Zeit und nutzen die Gelegenheit, die isländischen Spezialhinweise für Hochlandrouten einmal etwas ausführlicher zu studieren.

Die meisten Varianten haben wir schon kennengelernt. Nur Torleiði ist uns bisher noch nicht bewusst untergekommen. Eine weitere Karte zeigt das Areal der Lakagígar. Man kann also bis zum Vulkan Laki fahren und den gleichen Weg wieder zurück, oder eine Rundtour wählen, die an den wie an einer Perlenkette aufgereihten Kratern der Laki-Spalte entlang führt. Der rechte Zeitpunkt, um ein wenig Hintergrund zur großen Laki-Eruption auszubreiten.

Die Eruption der Laki-Spalte von 1783

Im Jahr 1783 riss die Erde am Vulkan Laki (heute 886 m über N.N.) spaltenförmig auf einer Länge von 25 Kilometern auf. Das Unheil begann am Pfingstsonntag, dem 8. Juni. Laki selbst ist zwar vulkanischen Ursprungs, war aber an diesem Ereignis selbst nicht aktiv beteiligt. Stattdessen brachen in einer gewaltigen Explosion auf einer von Südwest nach Nordost verlaufenden Linie, in deren Mitte Laki sitzt, mehr als 110 Krater auf (Lakagígar = 'die Laki-Krater'. Auf der Karte sind die Krater als kleine Kreise abgebildet). Über acht Monate hinweg förderten sie, so hat man errechnet, mehr als 14 Milliarden Kubikmeter vulkanisches Material an die Oberfläche - die größte Lavamenge, die in historischer Zeit jemals gefördert worden ist. Sie ergoss sich auf eine Länge von mehr als 70 Kilometern und bedeckt(e) eine Fläche von 565 Quadratkilometern. Sie brachte im Varmá-Tal die Skaftá zum Verdampfen. Am 11. Juni führte die Skaftá im Küstenbereich kein Wasser mehr. Die Lava folgte dem Flussbett und erreichte darin am 12. Juni das besiedelte Küstengebiet, das sie auf einer Breite von rund 25 Kilometern bedeckte. Erst zweieinhalb Kilometer vor Kirkjubæjarklaustur kam sie zum Stillstand. Bis zu 27 Krater sollen an dieser erste Eruptionswelle beteiligt gewesen sein. Zu einer zweiten Ausbruchsphase ab dem 29. Juli trugen vor allem die nordöstlichen Krater bei. Monatelang floss die Lava. Erst im Februar 1784 war der glühende Spuk vorüber. 11 Gehöfte wurden vernichtet.

Das war aber bei weitem nicht alles und keineswegs das Schlimmste. Gleichzeitig spie die Spalte nämlich bis zu 80 Millionen Tonnen schwefelige Dämpfe und säurehaltige Asche aus, die die ganze Atmosphäre vergifteten und sogar in Südeuropa als bläulicher Dunst wahrgenommen werden konnten. Über Island verteilten sich Asche und Gase wie ein feiner Nebel und vergifteten das Weideland. Die Hälfte des Rinderbestandes, zwei Drittel der Pferde, 80 % der Schafe (187.000 Stück) verendeten. Es folgte der Hunger. Innerhalb von drei Jahren starben 11.000 von damals knapp 50.000 Isländern. Der Ausbruch der Laki-Spalte erwies sich als die bislang größte Vulkankatastrophe Islands mit weit reichenden Auswirkungen.

Nicht wenige Forscher wollen auch einen Zusammenhang zwischen dieser Naturkatastrophe in Island und der französischen Revolution hergestellt sehen. Die Asche des Ausbruchs habe in der nördlichen Hemisphäre den Himmel verdunkelt und das Sonnenlicht gefiltert, also zu einer Verschlechterung des Klimas und damit zu Missernten geführt. Diese wiederum hätten die ohnehin vorhandene Not der Armen verschärft und damit den revolutionären Umbrüchen zusätzliches Feuer geliefert.

Jetzt geht's endlich los

Unterdessen sind tatsächlich J und A mit ihrem Pickup erschienen. Sie haben noch ihren Freund R dabei, der im grellroten, langen Wrangler mit Bayernfahne vorfährt. Ein wenig Hallo und Grüß Gott, dann brechen wir gemeinsam auf. Es ist halb drei, als wir loskommen. Bis zum Laki sind es 49 Kilometer. Alle sind natürlich ganz wild auf ihre erste Hochlandstrecke. Aber zunächst geht es erst einmal ohne besondere Hindernisse das Tal der Fjaðrá hinauf. Alle Furten queren winzige Rinnsale, viele scheinen in jüngster Zeit überbrückt worden zu sein.

R ist, man merkt es, ein wenig enttäuscht. In einer steilen Kehre tauchen plötzlich drei Anhalter am Wegesrand auf. Russen, wie sich herausstellt. Zwei junge Frauen, ein Mann. Sie wollen zum Laki, dort übernachten, und dann morgen wieder ein Auto anhalten, das sie bis zur Ringstraße wieder zurücknimmt (das muss geklappt haben, jedenfalls treffen wir sie zwei Tage später in Kirkjubæjarklaustur wieder). Wir haben Platz für zwei, und für den dritten Passagier wird schon bei J oder R noch Platz sein. Wir laden Wanderer- und Campergepäck ein.

Je näher wir den Lakagígar kommen, desto besser können wir die Ausmaße des Lavastroms überschauen. Wie ein grün silbern überfrostetes, steinernes Meer dehnt sich die Lava kilometerweit ins Land hinein.

Bei Kringlur, wo sich die Piste in die rechte und in die linke Route verzweigt, studieren wir und unsere russischen Fahrgäste die Karte und die Erläuterungen.

Kurz vor 17 Uhr kommen wir am Parkplatz unterhalb des Laki-Kraters an. Eine große, hohle Magmakammer türmt sich vor uns auf. Mit farbigen Pflöcken markierte Wege führen in das Areal rund um Laki hinein.

Der Blick nach Südwesten ins Varmárdalur: Lava ohne Ende.

Neben den Landshuter Boliden nimmt sich unser Toyota auf einmal richtig schmalbrüstig aus - vor allem bei den Reifen.

Unsere russischen Passagiere machen noch schnell ein Foto des Offroad-Teams an den Lakagígar und laden dann ihre Sachen aus. Sie suchen sich ein Plätzchen etwas unterhalb des Parkplatzes, wo sie übernachten können.

Rückreise über die Westrunde (F207)

Wir verabschieden uns von unseren Gästen und machen uns auf den Weg. Im Westen reckt der Sveinstindur seine 1090 Meter bleiern in die Wolken.

Bald darauf taucht der See Lambavatn in der Senke auf. Dahinter spitzt der noch zwei Kilometer weiter entfernt liegende See Kambavatn durch die Hügel.

Die F207, wie die Westumrundung auf unserer Karte genannt wird, folgt ziemlich exakt der Linie der südlichen Laki-Krater. Ein Krater reiht sich an den anderen. Hier muss 1783 eines der Zentren des Höllenspektakels gewesen sein. Heute liegt alles still, nur ein kräftiger Wind geht über die Krater hinweg.

Wenig später führt die Piste ganz nahe am Lambavatn vorbei.

Im Úlfarsdalur, auf dem Westschenkel der Rundroute, wartet dann doch noch eine Furt auf uns, die auch J und R einigermaßen zufriedenstellt.

Die weitere Rückfahrt verläuft ohne nennenswerte Probleme. Wir verabschieden uns an der Ringstraße und vereinbaren, uns morgen um 10 Uhr am Abzweig der F208 wieder zu treffen. Dann soll es gemeinsam zur Eldgjá und nach Landmannalaugar gehen.

Abendessen in Kirkjubæjarklaustur

Es ist halb acht, als wir an der Ringstraße ankommen. Ein wenig spät, um noch bis Vík zum Abendessen zurückzufahren. Also gehen wir in Kirkjubæjarklaustur ins Kaffi. Wir nehmen Tagessuppe bzw. Pizza und machen uns reichlich satt auf den restlichen Nachhauseweg. Um halb zehn sind wir wieder am Hotel in Vík.

 


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