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Camping im Regen auf den Hveravellir

Auf der Kjölur-Route nach Norden bis Varmahlíð (4. Tag)

Routenverlauf
Straßen: 37 - 35 - F35 - F347 - F35 - 732 - 731 - 1
Stationen: (Laugarvatn -) (Geysir) - (Gullfoss) - Tunguheiði - Hvítárvatn - Suðurhraun - Kjalhraun - Hveravellir - Auðkúluheiði - Blöndulón - Blöndudalur - Varmahlíð
Gesamtkilometer: ca. 304
Straßenzustand: Bis zum Gullfoss und dann ab der Kreuzung der 731 mit der Ringstraße Asphalt; dazwischen Schotter. Die Strecke kann ohne Furten gefahren werden. Wir haben auf Höhe des Hvítárvatn eine ältere, etwas weiter westlich liegende Parallelstrecke benutzt, bei der eine mittelschwere Furt gequert werden muss.

 


Nach Norden: die Kjölur-Route

Heute verlassen wir Laugarvatn und sein Edda-Hotel IKI. Unser Ziel ist Varmahlið (wörtlich: warmer Abhang) bei Sauðárkrókur an der Nordküste. Der direkte Weg dorthin führt uns über die Kjölur-Route (auch Kjalvegur genannt), die westliche Süd-Nord-Verbindung durch das Hochland.

Musikalische Untermalung

Draußen ist es eher grau. Der Wind hat nachgelassen, aber es regnet noch ein wenig leise vor sich hin. Am Geysir halten wir kurz und statten der Geysirstofa einen zweiten Besuch ab. Mitbringsel werden erworben. Außerdem soll eine zweite Musik-CD für etwas mehr Abwechslung bei den langen Fahrten sorgen. Schon beim ersten Besuch hatten wir hier eine CD gekauft. Der Verkäufer lobte sie sehr überzeugend als Jazz-CD aus. Nun ist Jazz freilich ein recht weiter Begriff. Aber Volksliedgut aus den unterschiedlichsten Quellen (darunter auch deutsche) hätten wir trotz einer soliden Unterlegung mit einer fetzigen Gitarre nicht wirklich unter Jazz eingeordnet. Heute wählen wir deshalb eine CD, auf der weithin sichtbar das Etikett Blues prangt. Sie hält, was sie verspricht. Blues vom Feinsten, wenn auch in den Texten für uns vollkommen unverständlich. Naja, um was wird es gehen? Frauen? Liebe? Einsamkeit?

Hinein in den Schotter

Das Wetter hellt zusehends auf. Als wir am Gullfoss vorbei auf die Kjölur-Route fahren, scheint die Sonne aus einem hohen, blauen Himmel. Wir kreuzen den Abzweig der F338, der Strommastenstrecke, die nach Westen zu Hlöðufell und Skjaldbreiður führt.

Im Norden blitzt der Langjökull zwischen den Bergen heraus. Seiner Ostflanke folgt die Route für etwa 30 km. Bis zur Sandá, dem breiten Abfluss des Gletschersees Sandvatn, den außer uns auch Schafe gerne auf der Brücke überqueren, ist die Straße noch asphaltiert.

Dann beginnt mit der F35 der Schotter. Der Berg Bláfell (1204 m) begleitet uns lange zur Rechten. Als er endlich die Sicht nach Nordosten freigibt, taucht in der Ferne die massive Fläche des Hofsjökull auf.

Jetzt ist es nicht mehr weit zur Brücke über die Hvitá, dem Abfluss aus dem vom Langjökull gespeisten See Hvítárvatn, der sich weiter südlich, um das Wasser aus einigen weiteren Zuflüssen gemehrt, als güldener Gullfoss in die Tiefe stürzt.

Am gletschertrüben Hvítárvatn gibt es sogar eine Kuhherde mit Stallungen zu bestaunen. Rechts vom Berg Skriðufell reicht ein Ausläufer des Langjökull, nach seiner geographischen Lage Norðurjökull (Nordgletscher) genannt, bis hinunter ans Wasser. Sein Gegenstück, der Suðurjökull (Südgletscher) rahmt den Berg von der südlichen Seite her ein:

Ein kleiner Umweg - des Furtens wegen

Nicht lange nach der Hvítá-Brücke beschließen wir, nach Westen auf ein älteres Straßenstück der Kjölur-Route abzubiegen. An dessen Ende lockt eine Furt durch die Svartá (die man umgehen kann, indem man schlicht auf der F35 bleibt, und vor der wir notfalls auch kurz vor dem Ende des alten Streckenabschnitts noch hätten kneifen können: Dort gibt es nochmals eine Brücke). Auf dieser Route kommen wir dem Norðurjökull noch ein kleines bisschen näher.

Das alte Streckenstück ist wesentlich enger und holpriger als die neue Kjölur, aber dennoch ganz passabel befahrbar. Immer an einem Weidezaun entlang kommen wir ganz gut vorwärts. Nicht weit von der Furt kommt uns ein wassertriefender Pickup entgegen. Die Furt muss also prinzipiell befahrbar sein. Unmittelbar vor der Furt dann das übliche Warnschild, das auf schwierigere Querungen hinweist. Das Wasser ist klar, aber auch so kann man nach wenigen Metern wegen der Spiegelung den Grund nicht mehr sehen. Mit dem Lesen der Wasseroberfläche hapert es allerdings noch ein bisschen. Nur eines ist klar: In der Furt liegen größere Steinbrocken, die umfahren werden müssen. Also: Untersetzung und Sperrdifferential einschalten. Behutsam mit ein wenig Gas ins Wasser. Nach wenigen Metern ragt ein Brocken aus dem Wasser, den ich links umfahren will. Da knirscht es aber auch schon unter dem Trittbrett. Der Brocken hat einen kleineren Gesellen. Also zurücksetzen und in einem neuen Anlauf einen weiteren Bogen nehmen. Dieses Mal geht alles gut. Aber ich gestehe: Meine Knie zittern, als wir drüben aus der Furt fahren...

Nur nicht übermütig werden ...

Die erfolgreiche Durchquerung hat uns ermutigt. Also nehmen wir ein paar Kilometer weiter die Abzweigung hinauf zum Kerlingarfjöll (F347). Die Hveradalir (Täler der heißen Quellen) gelten als eine der schönsten Landschaften Islands. Zudem soll dort die Elementkombination anzutreffen sein, die Island von einfallslosen Einfaltspinseln immer als erstes umgehängt wird, wenn eine "knackige, packende Headline" gesucht wird: Feuer und Eis. Laut Karte keine einzige Furt (aber wie anders soll man durch den Jökulkvísl kommen?), laut GPS zwei (und zwei Brücken).

Das GPS behält Recht. Die erste Furt ist ganz einfach, vielleicht 20 cm tiefes, klares Wasser über Kieseln. An der zweiten Furt treffen wir auf vier Autos, von denen zwei gerade in unsere Richtung abfahren. Die beiden anderen sind geparkt; Wanderer oder Angler wahrscheinlich. Jedenfalls niemand, der uns vormacht, wie wir durch die Furt kommen. Sie liegt nur wenige Meter vor einem gewaltigen Wasserfall, dem Gýgjarfoss, und überquert einen Seitenarm des Jökulkvísl.

Das Wasser kommt vom Gletscher, ist also milchig. Die Tiefe ist schlecht abschätzbar. Auf der gegenüberliegenden Seite ein zwei Meter breiter Streifen mit ordentlicher Strömung und deutlicher Wellenbildung. Begehung zu Fuß wäre angesagt. Dazu haben wir aber keine Lust (die Wathose ist aus Gewichtsgründen zu Hause geblieben). Wir überlegen eine ganze Weile unschlüssig hin und her und entscheiden uns dann, lieber doch kein Wagnis einzugehen und nicht durch die Furt zu fahren. Später habe ich mich über unsere übertriebene Vorsicht immer wieder geärgert, denn wir sind mit zunehmender Erfahrung weitaus schlimmere Furten gefahren und ich hätte die Landschaft am Kerlingarfjöll doch zu gerne aus der Nähe gesehen. Aber wir MUSSTEN nicht dorthin und wollten auf gar keinen Fall schon so früh das Auto im Wasser versenken. Kurz: Wir kehren schweren Herzens um.

Hat unseren Respekt vor der Furt nicht unerheblich gemehrt: Der Wasserfall Gýgjarfoss, keine zwanzig Meter neben der Furt.

Ins Lavafeld Kjalhraun

Die Fotos zeigen es: Das Wetter wurde rasch schlechter. Auch die Strecke wurde zusehends steiniger. Östlich des Berges Kjallfell (1000 m) erreicht man am Schildvulkan Geirsalda mit (laut GPS) knapp 700 m den höchsten Punkt der Strecke. In den Karten ist der Berg häufig auch als Fjórðungsalda, also als "Viertelshügel" vermerkt, weil dort früher die vier Landesteile Islands aufeinandertrafen. Ein Aussichtspunkt ist weithin sichtbar mit einer Stele markiert, die an den Gründer des isländischen Wandervereins, Geir Zoëga, erinnert. Wir halten kurz und haben Gelegenheit, ein Schneeammernpärchen zu fotografieren, das in gebührendem Abstand, aber durchaus neugierig um uns herum flattert. Wie sie es anstellen, in der kargen Wildnis zu überleben?

 

Hveravellir - Die Felder der heißen Quellen

Dort, wo die Straße am Rjúpnafell (858 m) in einem weiten Bogen ihre Richtung nach Westen ändert, also etwa auf halber Strecke (140 km liegen hinter, weitere ca. 160 km noch vor uns), stößt man auf Hveravellir (die "Felder der heißen Quellen") mit Hütte und kleinem Shop, Campingplatz und Hot Pot - und mit der einzigen Tankstelle auf der Kjölur-Route (die wir allerdings nicht gesehen haben).

Wir machen kurz Halt und trinken einen heißen Kaffee. Es regnet jetzt, dick und dauerhaft. Die Camper ziehen die Leinen fest. Tröpfelnde Räder lehnen an der Hütte. Bei allem Respekt: Welche Sünden muss man auf sich geladen haben, um sie mit einer Hochlandquerung auf dem Fahrrad zu büßen? Auf dem Schotter kommt man selbst mit breiten Stollenreifen nur eiernd vorwärts. Der Wind weht steif und in wenigstens 50 % aller Fälle genau von vorn. Es ist kalt (heute zwischen 8 und 15 °C), und was Temperatur und Wind nicht alleine schaffen, erledigt nun auch noch der Regen. Wo um Himmels willen ist das Vergnügen? Sich mal wieder richtig spüren???

Im nahen Geothermiefeld köchelt und brodelt es. Aber kein Mensch ist bei diesem Regen dort unterwegs.

Der Kjölur-Strecke zweiter Teil

Der Rest der Strecke ist besser und gleichmäßiger geschottert. Wir kommen teils sogar mit den zulässigen 80 km/h vorwärts, die wir anfangs für unfahrbar hielten. Aber es zieht sich dennoch hin, weil man wegen des Regens kaum mehr etwas erkennen kann links und rechts der Piste. Die Kjölur-Route zeigt sich von ihrer langweiligsten Seite. Die Rettungshütte bei Arnarbæli ist freilich so bunt und so nah am Weg, dass man sie selbst bei diesem Wetter nicht übersehen kann.

Sogar den Schafen ist es ungemütlich. Sie drücken sich in die wenigen Mulden. Am Áfangafell gibt es eine kleine Erhebung, von der aus man normalerweise weit über den See Blöndulón schauen kann. Heute ist alles nur graue Suppe.

Im Blöndudalur mündet die Straße 35 auf die 732. Nur wenige Kilometer weiter erreicht man, mittlerweile wieder inmitten von Bauernhöfen und Feldern, die 731, die auf einer Brücke über die Blandá führt.

Das Gehöft Blöndudalshólar unweit der Brücke über die Blandá.

Das letzte Stück auf der Ringstraße

Jetzt ist es nur noch ein Katzensprung zur Ringstraße. Als wir dort ankommen, fahren wir direkt in die dicken Wolken hinein, die sich rund um das Vatnshlíðarvatn zusammenballen. Ende der Aussicht.

Gegen 18 Uhr kommen wir in Varmahlíð an. Das Hotel gleichen Namens ist rasch ausgemacht. Varmahlið selbst ist, wie so viele kleinere Orte in Island, nicht viel mehr als eine Straßenkreuzung mit Tankstelle und Shop, Hotel und ein paar Häusern. Versorgungszentrum für die im Umland weiträumig verstreuten Höfe und Farmen. Das Zimmer ist schön, hat aber leider keinen Balkon. Raucher treffen sich auf einem kleinen Abtritt am Ende des Flurs, der auf die Feuerleiter führt. Wenn die Tür hinaus zuschnappt, während man draußen ist, sollte man vorsorglich seinen Zimmerschlüssel dabei haben ...

Heute wird im Hotel-Restaurant gegessen. Helga, die lange Jahre in Stuttgart gelebt hat und daher perfekt Deutsch spricht, berät uns vorzüglich. R wählt Lauchsuppe und Lasagne. Ich entscheide mich für Mozzarella vom Skagafjörður (fester als italienischer, aber durchaus lecker) mit Tomaten und ein Steak vom Islandpferd. Sehr lecker.

Noch während wir essen, hellt es sich draußen auf. In großen, langen Bahnen ziehen die Wolken langsam aus dem Tal ab. Wir haben heute noch nicht genug Sonne abbekommen und beschließen daher, das noch lange währende Tageslicht für eine kleine Abendtour zu nutzen.

 


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